Reben biegen (historisch: gerten)
Flachbogen

Reben biegen (historisch: gerten)

Ein März-Update aus dem Weinberg.Der Rebschnitt ist geschafft, nun folgt das Biegen und Binden. Die Rebe ist eine rankende Pflanze, deshalb benötigt sie für das Wachstum Unterstützung - beispielsweise in Form eines Drahtrahmens. Die angeschnittene Fruchtrute wird über den dafür vorgesehenen Draht gebogen und anschließend am Drahtrahmen festgebunden. Vor dem Rebschnitt Nach dem Rebschnitt Es gibt unterschiedliche Vorgehensweisen - die gängigste Methode ist die Halbbogenerziehung. Hierbei wird die Fruchtrute über den ersten Draht gebogen und am zweiten, unteren Draht mit einem Bindedraht oder einem Stück Weidenrute angebunden. Dieser Vorgang ist natürlich sehr arbeits- und zeitintensiv. Anbinden mit Weide Anbinden mit Bindedraht Doch warum macht man sich diese Mühe, wenn der Trieb doch eigentlich auch von ganz allein nach oben wachsen würden? Das liegt an der sogenannten Apikaldominanz. Die Rebe ist ein Lianengewächs und bestrebt, möglichst in die Höhe zu wachsen. Deshalb versorgt sie die Augen (Knospen) am Ende der Fruchtrute mit den meisten Nährstoffen um schnell voranzukommen. Durch das Biegen über den Draht entlang wird die Apikaldominanz gebrochen und es entsteht ein Saftstau in der Rute, der dafür sorgt, dass alle Augen entlang der Fruchtrute relativ gleichmäßig Nährstoffe aufnehmen. Somit werden die späteren Triebe und auch die zukünftigen Trauben gleichmäßig versorgt. Dies bringt später eine hohe, gleichbleibende Traubenqualität. Flachbogen oder Pendelbogen, je nach Philosophie und Drahtrahmen. Hier sieht man wie die im Sommer gewachsene Fruchtruten durch das Biegen gleichmäßig gewachsen sind. Der Rebschnitt und das Entfernen des alten Rebholzes aus dem Drahtrahmen, sowie das Rebenbinden gehört zu den zeitaufwändigsten Arbeiten im Weinberg. Das Biegen erfordert weniger Fachwissen als der Rebschnitt und nicht so viel Kraft wie das Herausziehen des alten Holzes, aber dennoch Erfahrung und vor allem Geschick und Gefühl. Denn die beim Rebschnitt ausgewählten (ein oder zwei) Fruchtruten je Stock erweisen sich als recht brüchig. Dabei spielt auch die Witterung, insbesondere Feuchtigkeit eine große Rolle. Die Wengerter:innen gehen deshalb am liebsten bei feuchtem Wetter "ins Biegen". Beim "Krümmen" der Rute muss sehr behutsam vorgegangen werden, um ein Abbrechen zu vermeiden. Ein solches Missgeschick ist für dieses Weinjahr dann nicht wieder gut zu machen, da dann keine Ersatzrute zur Verfügung steht an der die Trauben wachsen können. Der Verlust beträgt je nach Rebsorte etwa drei bis vier kg Trauben, also ca. drei Flaschen Wein. Früher war es üblich, dass die Wengerterinnen das Rebenbinden übernahmen. Ausgerüstet mit einem Bündel gut gewässerter Weidenruten und einem speziellen kleinen, scharfen Messer mit gekrümmter Klinge, waren die „Heften-Weiber“ im März und April mit dem Biegen und Anbinden tausender Fruchtruten beschäftigt. Auch wenn die Arbeit eher nach reinster Erholung in frühlingsfrischer Luft aussieht - es ist absolute Sorgfalt und Eile geboten, denn die Bindearbeiten sollten vor dem ersten Austrieb der Reben Mitte April beendet sein. Der Arbeitszeitbedarf beträgt bis zu 40 Stunden für einen Hektar. Dabei werden bis zu 20.000 Bindungen angebracht. Neben dem natürlichen Material wie Weide oder Kordel, stehen für diese Arbeit nun auch Materialien aus Draht und Kunststoff und dafür taugliche Hilfsmittel wie Bindezangen zur Verfügung. Dadurch verringert sich der Arbeitszeitbedarf und die Materialkosten. Im Steillagenkollektiv sind jedoch nur natürliche, abbaubare Bindematerialen erlaubt. Der passende Wein zum Frühling und Biegen: ROSS Weisser Schwan