Wann ist der perfekte Moment für die Weinlese?
Lesezeitpunkt

Wann ist der perfekte Moment für die Weinlese?

Wann ist der perfekte Moment für die Lese? Wenn die Sommersonne sich langsam verabschiedet und die Tage kürzer werden, beginnt im Lembergerland die spannendste Zeit des Jahres: die Weinlese. Die ersten Beeren zeigen jetzt ihr Farbenspiel – bei weißen Sorten von Grün zu Goldgelb, bei roten von Grün zu tiefem Violett. Gleichzeitig steigt der Zuckergehalt, die Säure nimmt ab – genau dieser Balancepunkt entscheidet über den Charakter des späteren Weins. Ab Spätsommer prüft unser Kellerteam mit einem Teil des Vorstandes deshalb regelmäßig das Mostgewicht der Trauben mit dem Refraktometer. In Deutschland messen wir in Grad Oechsle – ein Indikator für den Zuckergehalt und damit die spätere Weinqualität. Und je näher es an die Lese herangeht, werden die Traubenbeeren immer wieder verkostet, um die tatsächliche Reife zu testen: Wann haben sie das beste Aroma, welche Farbe haben die Kerne, wie lösen sie sich vom Fruchtfleisch, wie ist die Konsistenz der Beerenhaut. Nur so können wir den optimalen Erntezeitpunkt jeder Lage, jedes Gewanns, jeder Traubensorte festlegen, um das beste "Weinergebnis" zu bekommen. Je nach Sorte startet die Lese bei uns Anfang September. Frühreife Sorten wie Müller-Thurgau oder Frühburgunder machen den Anfang, gefolgt von Weiß- und Grauburgunder. Später kommen die Klassiker wie Spätburgunder und Lemberger ins Lesezuber. Mit dem Lemberger klingt die Saison oft schon Ende September aus – früher ging es bis in den November hinein. Wetter – Freund und Spielverderber Neben der Rebsorte hat das Wetter das letzte Wort. Ein goldener Herbst mit viel Sonne und trockenen Tagen ist ein Geschenk – so können die Trauben länger reifen, die Aromen werden intensiver. Droht jedoch Regen, müssen wir schnell reagieren, um Fäulnis zu vermeiden. Für Sektgrundweine ernten wir besonders früh – wenn die Trauben noch frisch-säuerlich und nicht zu süß sind. So entsteht die gewünschte Spritzigkeit. Handlese – Präzision in der Steillage Unsere Steillagen sind Handarbeit pur. Maschinen kommen hier nicht weit – zu schmal, zu steil, zu besonders. Jede Traube wird von Hand geerntet, geprüft und selektiert. Nur reife, gesunde Beeren kommen in den Eimer, unreife oder beschädigte bleiben zurück. Vorteile der Handlese: Höchste Sorgfalt und Selektion, perfekte Traubenqualität - auch in extremen Lagen Herausforderungen: Mehr Zeit- und Personalaufwand, hoher Organisationsaufwand, körperlich anspruchsvoll Maschinenernte – Tempo in den Flachlagen Wo es möglich ist, nutzen unsere Wengerter die Vollernter – Hightech-Maschinen, die in kurzer Zeit große Flächen ernten. Für unsere Steillagen sind sie ungeeignet, aber in den flachen Lagen unschlagbar in Sachen Tempo und Flexibilität bei Wetterumschwüngen. Und, sie können früh morgens ernten, wenn die Trauben noch kalt sind. Dies hat viele Vorteile bei der Weiterverarbeitung im Keller. Die Technik ist inzwischen ausgereift, die Traubenbeeren werden sanft über Rüttelstäbe von den Rebstöcken "geschüttelt". Die Intensität des Rüttelns wird individuell auf Weinberg, Rebsorte und Reifestadium eingestellt. Ein echtes Wunder der Technik und Qualität. Nur eben sehr unromantisch.  Fazit Ob in sorgfältiger Handarbeit in den Terrassen oder mit Maschinen in den flacheren Parzellen – die Weinlese ist immer ein Balanceakt zwischen Natur, Erfahrung und perfektem Timing. Für die Lembergerland Kellerei und ihre Wengerter ist sie vor allem eines: der Höhepunkt des Jahres, wenn harte Arbeit, Geduld und Leidenschaft endlich in die Ernte münden. Und das schönste an der Weinlese ist das gemeinsame Vesper und der Weingenuss. Wir empfehlen unseren "bodenständigen" Trollinger Meisterwerk trocken! Ein echtes Meisterwerk. Echt Heimat. Echter Rotwein.  
Herbstmorgen in Mühlhausen
Blühende Weinberge

Damals - eine Reise durch die Erdgeschichte

Vom Rebschnitt über die Laubarbeiten bis hin zur Lese – viele einzelne Arbeitsschritte des Wengerters erfordert es, bis die Trauben im Herbst in die Kelter eingefahren sind. Ein altes Sprichwort sagt: "Der Wengert will jeden Tag seinen Wengerter sehen". Doch in den terrassierten Steillagen des Mittleren Enztals steckt deutlich mehr Historie als "nur" das eine Weinbau-Jahr. Eine Reise durch die Erdgeschichte: Vor rund 235 Mio. Jahren lag über uns ein großes tropisches Urmeer. Dieses riesige Gewässer bildet die Grundlage von allem, was wir heute in der Weinsprache wohlklingend als unser "Terroir" bezeichnen: den Muschelkalk. Vor 2 Mio. Jahren verlief die Enz noch gut 100 Meter über dem heutigen Flusslauf. Durch den harten Muschelkalk hat sich die Enz in den vergangenen Jahrtausenden einen mäandernden weitläufigen Weg gebahnt. Die daraus entstandenen südausgerichteten Prallhänge waren über Jahrtausende bewaldet und nicht kultiviert. Bereits vor 2000 Jahren hat der Wein im Enztal Einzug gehalten. Allerdings noch als Import-Ware, die über die Alpen oder das Rheintal den Weg nach Süddeutschland gefunden hat. Viele Überreste von mehreren "Villae Rusticae", den Gutshöfen der Römer, zeigen, dass das Enztal schon damals eine fruchtbare und l(i)ebenswerte Region war. Doch erst im 8. Jahrhundert wurde der erste Weinbau in der Region erwähnt, damals noch in den Talniederungen. Erst um die erste Jahrtausendwende wurden die Steillagen, in mühevoller Handarbeit und über Generationen hinweg, gerodet, mit Trockenmauern terrassiert und mit Reben bepflanzt. Nicht nur die warmen und qualitätsstarken Südhänge, auch die schattigen Nordhänge waren damals Weinbaufläche. Grund für den Weinbau in der Steillage war nicht – wie man vermuten könnte – das Qualitätsstreben zur damaligen Zeit, vielmehr hat eine Warmzeit zu einem raschen Anstieg der Bevölkerung geführt und Platz für Wohnraum und Ackerflächen in den Talauen gefordert. Der Höhepunkt des Weinbaus im Enztal war wohl um 1600, als die Rebfläche in den Steillagen gut 120 Hektar betrug, gut viermal so viel wie heute, bevor der 30-jährige Krieg und die Pest den Weinbau fast zum Erliegen gebracht haben. Dem "Lebensmittel" ist das "Genussmittel" Wein gefolgt. Übriggeblieben sind die qualitativen und frostsicheren Südlagen entlang der Enz. Schon immer war der Weinbau in den Steillagen ein Gemeinschaftsprojekt. Nur zusammen konnte die architektonische Meisterleistung der zusammenhängenden Trockenmauern erbracht und erhalten werden. Seit 1935 sind die Wengerter der Region in unserer Genossenschaft organisiert und kümmern sich gemeinschaftlich um Ausbau und Vermarktung der eigenen Trauben. Mit dem Steillagenkollektiv wird nun die Geschichte weitergeschrieben und die terrassierten Steillagen werden auf eine breite solidarische Basis gestellt. Werde Teil dieser einzigartigen Kulturlandschaft!